Dominotheorie aufgegeben

Wichtige neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
vom 09.11.2006 !

Das BAG hat mit der Entscheidung vom 09.11.2006 die jahrzehntelang praktizierte „Dominotheorie“ aufgegeben.

Zum Hintergrund:

Kündigt der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen nicht allen Arbeitnehmern, sondern nur einem Teil der Belegschaft, so muss er eine Auswahl treffen. Bei der Auswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern muss er nach dem Gesetz soziale Gesichtspunkte, nämlich Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung ausreichend berücksichtigen.

Dabei kann der Arbeitgeber zur Objektivierung und besseren Durchschaubarkeit seiner Auswahlentscheidung die sozialen Gesichtspunkte mit einem Punktesystem bewerten, sodann anhand der von den einzelnen Arbeitnehmern jeweils erreichten Punktzahlen eine Rangfolge der zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmer erstellen und die zu kündigenden Arbeitnehmer nach dieser Rangfolge bestimmen.

Unterläuft dem Arbeitgeber bei der Ermittlung der Punktzahlen ein Fehler mit der Folge, dass auch nur einem Arbeitnehmer, der bei richtiger Ermittlung der Punktezahlen zur Kündigung angestanden hätte, nicht gekündigt wird, so wurden nach der bisherigen Rechtsprechung die Kündigungen aller gekündigten Arbeitnehmer als unwirksam angesehen. Dies galt, obwohl bei fehlerfreier Erstellung der Rangfolge nur ein Arbeitnehmer von der Kündigungsliste zu nehmen gewesen wäre. Dies war die sogenannte „Dominotheorie“.

Jeder Arbeitnehmer konnte sich darauf berufen, dass ein bestimmter Arbeitnehmer, der nicht gekündigt wurde, hätte gekündigt werden müssen, obwohl bei richtiger Ermittlung der Punktezahl sich im Ergebnis nur ein Arbeitnehmer hätte darauf berufen können, dass ein anderer Arbeitnehmer vorrangig vor ihm hätte gekündigt werden müssen.

Diese Rechtsprechung hat der 2. Senat des Bundesgerichtshofs nunmehr mit Entscheidung vom 09.11.2006 und mit 5 gleichlautenden Entscheidungen aufgegeben.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess die Möglichkeit eröffnet wird, die Punkte neu und richtig zu errechnen mit der Folge, dass bei richtiger Rechnung sich nur ein Arbeitnehmer und zwar der, der tatsächlich sozial schutzbedürftiger war als der nicht gekündigte Arbeitnehmer, sich auf die höheren Sozialpunkte berufen darf.

Sämtliche anderen Arbeitnehmer, die bei richtiger Berechnung der Punktezahl ohnehin hätten gekündigt werden müssen, können sich nun nicht mehr darauf berufen, dass ein bestimmter Arbeitnehmer wegen unrichtiger Berechnung der Punktezahl nicht gekündigt wurde.

Für die Praxis bedeutet dies zum einen, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess eine fehlerhafte Sozialauswahl nachbessern kann und für den Arbeitnehmer, dass es nicht ausreicht darzulegen und zu beweisen, dass ein bestimmter Arbeitnehmer, der nicht entlassen wurde, hätte gekündigt werden müssen, sondern der Arbeitnehmer muss zusätzlich darlegen und beweisen, dass er auch dann nicht gekündigt worden wäre, wenn dem Arbeitgeber bei der Berechnung der Punktezahl der Fehler nicht unterlaufen wäre.

Mitgeteilt von
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Jörg Fröhling, Erwitte

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München / Erwitte, den 25.01.2007