Häufige Fragen zum Insolvenzrecht,
insbesondere zur Verbraucherinsolvenz
1. Kann ich auch als Unternehmer die Restschuldbefreiung beantragen und bekommen?
Ja.
Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung besteht unabhängig davon, ob ein Verbraucherinsolvenz- oder ein Regelinsolvenzverfahren durchlaufen wird.
Die Kosten des Verbraucherinsolvenzverfahrens dürften allerdings etwas geringer sein als die eines Regelinsolvenzverfahrens.
2. Kann ich als Unternehmer auch ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen?
Nein.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist grundsätzlich nur natürlichen Personen vorbehalten, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.
Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Unternehmer das Gewerbe aufgibt und abmeldet.
In diesem Falle kann auch der (frühere) Unternehmer ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen, allerdings nur dann, wenn seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse nur, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat.
Hat der (frühere) Unternehmer mithin weniger als 20 Gläubiger und stehen keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen aus, kann auch der (frühere) Unternehmer einen Verbraucherinsolvenzantrag stellen.
3. Kann auch eine GmbH oder eine GmbH & Co. KG oder eine Aktiengesellschaft eine Restschuldbefreiung erlangen?
Nein.
Die Restschuldbefreiung ist ausschließlich natürlichen Personen vorbehalten.
Es besteht jedoch auch bei Unternehmen die Möglichkeiten des Insolvenzplanes nach den §§ 217 ff. InsO.
Bei Vorlage der wirtschaftlichen Voraussetzungen kann der Insolvenzverwalter ein Insolvenzplanverfahren durchführen, welches im günstigsten Fall zu einer Entlassung des Unternehmens aus dem Insolvenzverfahren führen kann.
4. Welche Forderungen nehmen an der Restschuldbefreiung nicht teil?
a) Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angaben dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hatte (hiergegen kann der Schuldner Widerspruch erheben). Bei Widerspruch muss der Gläubiger, um zu erreichen, dass die Forderung als unerlaubte Handlung gilt, auf Feststellung zur Tabelle der Forderung als unerlaubte Handlung klagen.
b) Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten.
c) Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.
5. Was ist, wenn ich die Kosten des Insolvenzverfahrens nicht aufbringen kann?
Hier besteht die Möglichkeit der Verfahrenkostenstundung für natürliche Personen, die Restschuldbefreiung beantragen und deren Vermögen nicht ausreicht, um die Kosten eines Insolvenzverfahrens zu decken (§ 4 a Abs. 1 Satz 1 InsO). Dabei ist es gleichgültig, ob ein Verbraucherinsolvenzverfahren oder ein Regelinsolvenzverfahren durchlaufen wird.
Die Verfahrenskostenstundung muss beantragt werden. Die Stundung bewirkt, dass der Schuldner in der Regel bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung keine Zahlungen zu leisten hat. Die gestundeten Verfahrenskosten sind während des Insolvenzverfahrens und der Wohlverhaltsperiode vorrangig aus der Insolvenzmasse bzw. dem Vermögen/Einkommen der insolventen Person zurückzuführen. Sind die Verfahrenskosten nach der Erteilung der Restschuldbefreiung noch nicht oder nicht vollständig an die Staatskasse zurückgezahlt, kann für höchstens 48 Monate Ratenzahlung bewilligt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die noch offenen Verfahrenskosten auf einmal zu bestreiten. Die Stundung bewirkt damit keine Befreiung von den Verfahrenkosten, sondern wie zuvor gesagt, eben nur eine Stundung. Die müssen mithin später zurückgeführt werden.
6. Was bleibt mir von meinen Einkünften, wenn ich das Verbraucherinsolvenzverfahren oder das Regelinsolvenzverfahren durchlaufe?
Sowohl im Verbraucherinsolvenzverfahren als auch im Regelinsolvenzverfahren muss eine sogenannte Abtretungserklärung vorgelegt werden. Mit dieser Abtretungserklärung tritt der Schuldner seine pfändbaren Einkünfte an den Treuhänder ab und der Treuhänder befriedigt von diesen pfändbaren Einkünften (soweit vorhanden) die Gläubiger gleichmäßig. Dem Schuldner bleiben mithin immer seine unpfändbaren Einkünfte. Es gilt das gleiche wie bei einer Lohnpfändung. Es besteht sogar noch eine Verbesserung gegenüber einer Lohnpfändung. Gegen Ende der Wohlverhaltenszeit erhält die insolvente Person einen Teil der von der Treuhänderin eingenommenen Geldbeträge: im 5. Jahr 10 % und im 6 Jahr nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens 15 %. Hier gilt allerdings wieder eine Einschränkung, wenn die Verfahrenskosten noch nicht berichtigt sind.
7. Was ist mit Forderungen, von denen der Schuldner nichts mehr wusste und die an dem Insolvenzverfahren nicht teilgenommen haben?
Nach § 301 Insolvenzordnung wirkt die Restschuldbefreiung gegen alle Insolvenzgläubiger.
Dies gilt auch für Gläubiger, die ihre Forderung nicht angemeldet haben.
8. Wann beginnt die Wohlverhaltsperiode?
Die Wohlverhaltsperiode beginnt ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
9. Welche Vorteile hat das Verbraucherinsolvenzverfahren und welche Vorteile des Regelinsolvenzverfahren?
Vorab ist hierzu zu sagen, dass die Möglichkeit des Regelinsolvenzverfahrens nur Schuldner haben, die eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.
Der Vorteil des Regelinsolvenzverfahrens liegt darin, dass diesem Regelinsolvenzverfahren kein Zeitraum des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens voranzugehen hat.
Beim Verbraucherinsolvenzverfahren müssen zunächst sämtliche Gläubiger angeschrieben werden und um die Höhe der Forderungen gebeten werden. Danach muss diesen Schuldnern ein außergerichtlicher Einigungsvorschlag unterbreitet werden unter Beifügung von umfangreichen Unterlagen, insbesondere über die Forderungen und die Quoten, die auf die einzelnen Forderungen entfallen. Dies kann längere Zeit in Anspruch nehmen. Dies ist beim Regelinsolvenzverfahren nicht erforderlich. In einem Regelinsolvenzverfahren kann sofort der Insolvenzantrag gestellt werden, ohne dass zuvor ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren vorangegangen sein muss, welches damit geendet hat, dass dies wegen Versagung durch die Gläubiger gescheitert ist.
Das Regelinsolvenzverfahren wird allerdings etwas höhere Kosten verursachen.
10. Was passiert, wenn nach Insolvenzveröffnung trotzdem noch einzelne Gläubiger gegen mich per Gerichtsvollzieher oder per Lohnpfändung vollstrecken?
Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das schuldnerische Vermögen, das nach der Abtretung an den Treuhänder verbleibt oder das neu hinzuerworben wird, sind während der Wohlverhaltszeit unzulässig. Allerdings verlieren Abtretungen und vertragliche Pfändungen der Bezüge erst Ihre Wirksamkeit nach drei Jahren.
Zulässig bleibt die Zwangvollstreckung allerdings für neue Gläubiger, deren Forderungen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind.
Diese Gläubiger können auf das sonstige pfändbare schuldnerische Vermögen zurückgreifen.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Jörg Fröhling
mit dem Schwerpunkt Insolvenzrecht